Die Proteste gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) in München sind vorbei. Für Perspektive Kommunismus war es eine der zentralen Mobilisierungen. Hier gibt es mit diesem Text eine ausführlichere Auswertung. Auf der Website von Perspektive Kommunismus gibt es auch noch weitere Bilder vom Protest Camp, den Aktionen und der Demo am Samstag.
Aktionen, Aktionen, Aktionen …
Die wohl offensichtlichste Feststellung zuerst: Der Ablauf der IAA konnte, entgegen der Ankündigung der Polizei, keine Störungen zuzulassen, durch vielfältige offene und verdeckte, friedliche und militante Aktionen gestört werden.
Als „Perspektive Kommunismus“ haben wir uns an den Aktionen von „Smash IAA“ beteiligt und mit dem Klassenkampf-Zelt einen eigenen revolutionär-klassenkämpferischen Ausdruck auf dem Mobilitätswende Protestcamp in München geschaffen. In unserem Zelt fanden neben Vorträgen verschiedener Strukturen und Initiativen – unter anderem ein Vortrag von uns zu revolutionären Strategien im Klimakampf – auch der „Smash IAA“ Infostand und ein kleiner Aufenthaltsbereich seinen Platz.
Zu den Aktionen: „Smash IAA“ organisierte am Aktionstag zwei Finger, die auf verschiedene Arten die scheinbare Spaltung zwischen Arbeiter:innen und Klimabewegung überwinden und den Charakter der IAA als Greenwashing-Event des Autokapitals entlarven sollten.
Am Königsplatz auf dem stark bewachten IAA Open-Space Gelände tauchte am Vormittag überraschend für Bullen und IAA-Security ein Blockade-Finger auf. In gelben Warnwesten und mit Rauch untermalt besetzten knapp 50 Menschen den BOSCH-Messestand, verschönerten den Stand mit Stencils, „Bosch-Enteignen“ Konfetti und Transpis und machten mit Megafondurchsagen auf das hier betriebene Greenwashing auf Kosten der Beschäftigten aufmerksam. Im Anschluss verließ der Finger selbstbestimmt und geschlossen wieder das Gelände und konnte noch eine kurze Spontandemonstration abhalten. Auch wenn die meisten Aktivist:innen kurz darauf von einen großen Bullenaufgebot gekesselt wurde – was im Herzen der Bullenfestung IAA wohl zu erwarten war – blieb die Stimmung kämpferisch und gut.
Fast gleichzeitig zu dieser Aktion sammelte sich der offizielle Finger von Smash IAA in der Nähe des bedrohten BOSCH-Werks im Stadtteil Berg am Laim. Nachdem klar war, dass die Bullen jeden Versuch das Camp geschlossen zu verlassen mit Gewalt und in Überzahl unterbinden würden, hatte sich auch dieser Finger auf verdeckten Wegen an sein Ziel begeben. Das BOSCH-Werk Berg am Laim soll geschlossen werden, Vorwand dafür ist die Umstellung auf Elektromobilität. Eine gemeinsame Kampagne von Klimaaktivist:innen und Beschäftigten setzt sich dort für den Erhalt des Werks und die klimafreundliche Umstellung der Produktion unter Arbeiter:innenregie ein. Schon die Anreise zur Aktion war ein voller Erfolg, da Polizeibegleitung komplett verhindert wurde, und trotzdem ein Großteil des ursprünglichen Fingers, auch unorganisierte Menschen, mitgenommen werden konnten. Eine stimmungsvolle Sponti ging Richtung Werk, wo dann das Vordach von Aktivist:innen besetzt wurde, die ein Banner anbrachten, das zum gemeinsamen Kampf von Arbeiter:innen- und Klimabewegung aufruft. Nachdem hier ebenfalls das Werk verschönert, und eine ca. 20 minütige Kundgebung abgehalten wurde, ging auch dieser Finger selbstbestimmt wieder in Richtung U-Bahn. Erst dort trafen die anscheinend von der Aktion überraschten Bullen ein und versuchten den Weg zu versperren. Kreativ und auf verschiedenen Wegen konnten aber alle Aktivist:innen Verhaftungen entgehen und wieder sicher das Camp erreichen.
Am gleichen Tag gelang es ebenfalls den anderen Bündnissen, Störaktionen durchzuführen. So wurde am Rand der angemeldeten Demonstration von „No future for IAA“ zwei Häuser besetzt und der Stand von Daimler in der Innenstadt von „Sand im Getriebe“ lahmgelegt. Zusätzlich gab es kleinere Störaktionen und eine Blockade der „Blue Lane“ durch eine Abseilaktion. Sowohl bei diesen Aktionen als auch bei Durchbruchversuchen von Fingern, die vom Camp aus starteten, kam es zu Konfrontationen mit den Bullen, die sich nicht scheuten Pfeffer und Schlagstock einzusetzen.
Am Abend begrüßte eine spontane Demo mit roten Fahnen und antikapitalistischen Parolen aus dem Camp heraus die übrigen zurückkehrenden Aktivist:innen. Der Aktionstag konnte so mit einem starken solidarischen Moment kollektiv beendet werden.
Am Samstag ging es weiter mit einer Großdemonstration, die hauptsächlich von NGOs organisiert wurde. An der Demo beteiligten sich stabile Blöcke von Smash IAA und Sand im Getriebe/No future for IAA. Laut und kämpferisch zogen diese mit pyrotechnischer Untermalung los. Neben einigen Rauchtöpfen gab es aus der Demo heraus eine Baumkletteraktion, bei der ein Transparent gespannt wurde. Der darauf folgende Versuch der Bullen einen Teil des Block-IAA Blocks zu Kesseln, sowie den Smash-IAA Block vom Rest der Demo abzutrennen, konnte jedoch genauso wie die Festnahme der kletternden Aktivist:innen verhindert werden.
Als „linker“ Teil der Demo ging es mit Verzögerung weiter auf der Demoroute Richtung Theresienwiese. Die NGOs, die vorher noch großmütige Solidarität auch mit den grenzüberschreitenden Aktionsformen geäußert hatten – wörtlich: „wir werden mit Sand im Getriebe los laufen und wir werden mit Sand im Getriebe wieder Ankommen – hielten von ihren eigenen Worten wohl wenig und sind größtenteils schon kurz nach dem Angriff und dem Stopp durch die Bullen ohne die betroffenen Blöcke weiter gezogen.
Zusätzlich zu den offen angekündigten Massenaktionen konnten im Laufe der IAA trotz des massivem Polizeiaufgebots von 4500 Bullen, die rund um die Uhr die ganze Woche über die IAA und die Symbole der Autoindustrie schützen sollten, offensichtlich auch einige weitergehendere Aktionen gelingen. In der Nacht auf Mittwoch wurde ein Autohaus von BMW angegriffen, der Vorstandsvorsitzende von VW, Herbert Diess, bekam an seiner Privatadresse einen Besuch der sogar den VW-Konzern zu einer weinerlichen Pressemitteilung veranlasste und aus einer größeren Gruppe heraus wurde die Zentrale des LKW- und Rüstungs-Produzenten MAN angegriffen und markiert.
Die Erfolge der verschiedenen Aktionsformen machen Mut und haben gezeigt, dass die Herrschenden auch mit riesigen Bullenaufgeboten und ausgeprägten Überwachungsmöglichkeiten nicht unangreifbar sind.
Die IAA und die Gegenproteste
Die IAA 2021 wurde in ihrer neuen Ausrichtung als „Mobilitätsmesse“ beworben. Der tatsächliche Charakter der IAA blieb natürlich ein Statussymbol der Autoindustrie, Werbefläche für neue Marktsegmente und nebenbei auch als ganz reale Investition (durch die Ticketpreise und Standgebühren finanziert sich der Verband der deutschen Automobilindustrie). Die schwächelnde deutsche Autoindustrie, die eigentlich schon den Anschluss an die E-Antriebs-Produktion verloren hat, hat hier nochmal alles gegeben um sich grün, zukunftsfähig und begehrenswert zu geben.
Wie immer trügt der grüne Schein – auch wenn E-Skooter, Fahrräder und allerlei digitaler Schnickschnack auf der IAA zur Schau gestellt wurden, bleibt der Verbrennungsmotor mit vielen PS als Verkaufsschlager der deutschen Autoindustrie zentral.
Unternehmen, die noch vor Kurzem wegen Abgasskandalen in der Kritik waren, versuchen hier sich als Klimaretter darzustellen. Diese Strategie war so durchschaubar, dass nicht nur Linke, sondern ein breiter Kreis an bürgerlichen Kräften, umweltpolitischen NGOs und Parteien zu Protesten aufriefen. Gezeigt hat sich das vor allem in der NGO-Demonstration am Samstag. Dieser Kreis wurde nicht von linken Teilen des NGO-Spektrums dominiert und bot nicht zufällig wenig Anknüpfungspunkte für klassenkämpferische und antikapitalistische Politik.
Und tatsächlich hat sich in der Tat bewiesen, was sich Worten bereits vorher angekündigt hatte. Trotz der festen Solidaritätszusage ließ das NGO-Bündnis den militanten Teil der Großdemonstration im Stich. Wieder einmal hat sich in der Praxis bewiesen, dass wir uns nicht auf große NGOs und bürgerliche Parteien verlassen sollten, sondern vor Allem auf unsere Selbstorganisierung von unten.
Mit den anderen linken Bündnissen gab es dabei ein solidarisches Verhältnis und punktuelle Zusammenarbeit. Die unterschiedlichen Ausrichtungen von „Smash IAA“, „Sand im Getriebe“ und „No future for IAA“ wurden in den Aktionsformen, Zielen und im Ausdruck deutlich. Mit der relativen Eigenständigkeit der Smash IAA Mobilisierung und ihrem solidarischen Verhältnis zu den anderen Spektren konnte die eher neue klassenkämpferische Strömung in der Klimabewegung auch bei einer solchen Großmobilisierung eine gewisse Bedeutung erreichen, und andeuten was noch möglich ist.
Begleitet wurde die IAA von einer massiven Öffentlichkeitskampagne gegen die Proteste: Die IAA unterstützt haben unter anderem die Grünen, die als regierende Fraktion im Stadtrat die Messe mit nach München geholt hatten – darüber konnte auch nicht der billige Versuch hinwegtäuschen sich mit einem Stand auf der NGO-Demo als IAA-kritisch zu verkaufen. Während der Proteste äußerten sich viele führende Politiker:innen, von Baerbock bis Laschet positiv gegenüber der angeblich so nachhaltigen Veranstaltung und kritisch gegenüber den Protesten. Etwas offensiver haben BILD & Co mit den üblichen platten Parolen gegen die Klimabewegung gehetzt (Inklusive Bilder von Infrastruktur-Autos des Protestcamps mit Angabe ihres angeblichen Co2-Ausstoßes). Das Bild der gefährlichen Linksradikalen auf der einen und der netten, beliebten IAA auf der anderen Seite, hat nur das fortgeführt, was das Drecksblatt zu jeder größeren linken Protestveranstaltung zu sagen hat. Die Stimmung in der Münchener Bevölkerung gegenüber der IAA war aber von Anfang an durchaus gespalten, was sich sogar in den Presseberichten verschiedener liberaler Zeitungen wiederfinden lässt (verlinken?). Natürlich gab es viele Autofans, die die Ausstellung besuchten. Aber auch viel Kritik: Weil die IAA trotz Corona durchgezogen wurde und auch weil dafür ein Großteil der Innenstadt gesperrt werden musste. Aber auch inhaltlich: Weil viele Menschen das Greenwashing der Konzerne und Anpreisen überdimensionierter protziger Karren, die sowieso schon täglich die Stadt verstopfen, satt haben.
Die Repression …
Die IAA zu verteidigen war offensichtlich und angekündigt Priorität der bayerischen Behörden. Hier hat der Staat ganz direkt gezeigt, dass er als Beschützer des deutschen Kapitals auftritt: Mit dem größten (und wahrscheinlich teuersten) Polizeieinsatz in München seit 20 Jahren wurde diese private Autowerbeveranstaltung durchgeprügelt. Repressionsbehörden haben schon im Vorfeld mit allen Mitteln versucht die Proteste zu kriminalisieren und Bilder von gewalttätigen Protesten in G20-Manier gezeichnet.
Die Bullentaktik setzte außerdem auf möglichst hartes Eingreifen in den ersten Tagen der IAA und bei der Anreise, wohl um die Aktivist:innen frühzeitig einzuschüchtern und von Aktionen abzuhalten. Eine offen angekündigte satirische Führung über die Open Spaces der IAA am Mittwoch wurde noch bevor sie gestartet war am Odeonsplatz gekesselt und die 40 Teilnehmer:innen unter absurden Vorwänden teils bis spät in die Nacht festgehalten. Außerdem wurden verschiedene kollektive Zuganreisen zum Protestcamp sofort von Großaufgeboten in Empfang genommen und die Menschen stundenlang durchsucht. Viele Aktivist:innen erhielten nur auf Grund von „linkem Aussehen“ oder kritischen Flyern in der Tasche für alle IAA-Bereiche Platzverweise.
Bei den Meisten brachte diese Taktik aber vor allem noch mehr Hass auf die Bullen und Entschlossenheit hervor. Das aufgebaute Szenario der Bullen, sie hätten jederzeit alles unter Kontrolle, konnte spätestens am Freitag nicht mehr aufrecht erhalten werden. Mehrere Finger von Sand im Getriebe, die vom Camp auf der Theresienwiese starteten, wagten Durchbruchsversuche. Auch wenn diese relativ schnell scheiterte, bewiesen sie doch einige Entschlossenheit und Bereitschaft, sich mit den Bullen anzulegen. Dass dann die beiden Finger von Smash-IAA trotz der scheinbar permanenten Überwachung unbemerkt an ihr Ziel gelangen und ihre Aktionen selbstbestimmt durchführen konnten, verdeutlichte noch einmal, dass der Handlungsraum für Proteste längst nicht unter vollständiger Bullenkontrolle stand. Auch die weiteren Besetzungen von Ständen in der Innenstadt und die „No future for IAA“ Hausbesetzung im weiteren Verlauf des Tages konnten sie nicht verhindern.
Vor allem im Antworten auf Repression ist es immer wieder gelungen als Bewegung spektrenübergreifend kollektiv zu handeln, ob auf der Demo, beim GeSa-Support oder in kleinen solidarischen Handlungen.
… und unsere Aktionsformen
Die lange unklare Struktur des Events „IAA“, die fehlenden Erfahrungswerte und der Charakter als Messe mit hauptsächlich „normalen“ Menschen, die nicht unbedingt unser Feind sind, stellten die Proteste im Vorfeld vor große Herausforderungen.
Sowohl im Ziel der Angriffe, als auch im Ausdruck der Aktionen müssen die eigentlichen Inhalte klar werden: Unsere Feinde sind die Kapitalist:innen, wenn wir kämpfen, dann findet das nicht abseits von realen Klasseninteressen statt und eine revolutionäre Perspektive, die über den Kapitalismus hinaus weist, bleibt der Fokus. Auch niederschwellige Aktionen sollten nie einen rein symbolischen Charakter haben, sondern weiter entwickelbar sein und diese Aspekte in sich tragen.
Unserer Ansicht nach war die IAA eine gute Gelegenheit, etablierte Konzepte der Klimabewegung weiterzuentwickeln. Es gibt die Tendenz in dieser Bewegung, Aktionsformen nicht flexibel zu nutzen als Werkzeug, um unsere Ziele zu erreichen, sondern die Form selbst als Inhalt und deshalb absolut zu sehen. Das starre Festhalten an etablierten Fingerkonzepten und der Sitzblockade inklusive Identitätsverweigerung als Allheilmittel für jeden Aktionsanlass hat dazu geführt, dass die Bullen sich immer besser auf Großevents der Klimabewegung vorbereiten können und die Bewegung in der Aktion stagniert.
Gerade bei der IAA war aber gefragt, neue Konzepte zu finden und spontan zu reagieren. Relativ schnell wurde zum Beispiel klar, dass die bayerischen Bullen den Gegenprotest nicht einfach unangemeldet als Finger durch die Stadt würden ziehen lassen. Es mussten also Aktionsformen gefunden werden, die sowohl unter dem erhöhten Druck von Bullenkontrollen und -gewalt funktionieren, als auch offen und anschlussfähig sind. Ein selbstbestimmter Ablauf war nicht durch das günstig nutzbare Terrain (wie z.B. bei Ende Gelände Aktionen der letzten Jahre) und die Mobilisierungsstärke gegeben, sondern musste gezielt organisiert werden.
Außerdem sollte es Aktionen die richtigen Ziele (also: die Herrschenden) treffen und sich selbst vermitteln. Eine reine Konsumkritik, die normale Menschen auf dem Weg zur Arbeit trifft, wie es die Blockade der Autobahnen Anfang der Woche tat, sehen wir daher kritisch. Es ist natürlich nicht auszuschließen, das öffentliche Leben mit Aktionen lahmzulegen, wenn das Ziel vermittelbar ist (z.B. wenn dadurch ein Naziaufmarsch verhindert wird). Die Aktionen am Dienstag haben aber ausnahmslos alle getroffen, die dazu gezwungen waren mangels guter und kostengünstiger Alternative mit dem Auto von A nach B zu fahren. Das der Großteil dieser Menschen wohl eher Teil unserer Klasse sein dürfte und wenig Verständnis für eine solche Aktion aufbringt, dürfte nicht verwundern. Wenn man bedenkt, dass die IAA durch diese – zugegebenermaßen öffentlichkeitswirksamen – Aktionen selbst nicht im geringsten beeinträchtigt wurde und der Diskurs dadurch schnell auf bloße Konsumkritik „wir alle müssen weniger Auto fahren“ gelenkt wird, halten wir solche Aktionen für wenig förderlich.
Ebenfalls dürfen die Aktionen nicht so ausgelegt werden können, dass wir die Arbeiter:innen der Automobilindustrie (oder anderer „klimaschädlicher“ Industrien) dafür angreifen, dass sie ihren Job machen. Das kann erfahrungsgemäß funktionieren, wenn schon Kontakt in die Betriebe besteht und im besten Fall ein gemeinsamer Kampf existiert oder möglich ist.
Die Aktionen vor BOSCH als Angriff auf die Selbstdarstellung des Konzerns in Verbindung mit Solidarität des Arbeitskampfs der Beschäftigten gegen die Schließung des Werks haben Ansätze all dieser Anforderungen erfüllt.
Erfreulicherweise ist es mit dem öffentlichen Smash IAA Finger gelungen, eine große Menge an Menschen – auch spontan dazustoßende – in einer verdeckten Aktion einzubinden, was eine gewisse Weiterentwicklung der klassischen Fingertaktik bedeutet.
Eine gute Organisation und Vorbereitung, sowie stabil verankerte Strukturen vor Ort haben sich hier mal wieder als wichtigste Grundlage herausgestellt. Nur durch eine detaillierte Vorbereitung und die Mitarbeit vieler organisierter Menschen konnte diese überhaupt in der Form realisiert werden und gleichzeitig einen sicheren Anlaufpunkt für unerfahrene Menschen bieten.
Uns ist klar, dass die klassenkämpferische Strömung nicht der dominierende Teil der Klimabewegung ist und die größten Massen zu den Aktionen mobilisiert. Wir denken aber, dass klare Inhalte, gut strukturierte und ehrlich kommunizierte Aktionen und selbstbestimmtes, kollektives Auftreten der richtige Weg sind, um Menschen nicht nur zu Events zu mobilisieren, sondern dazu zu überzeugen, sich längerfristig zu organisieren.
Klassenkampf & Klimabewegung
Bei aller Stärke auf der Straße, ist das Problem von Mobilisierungen wie zur IAA, dass es sich um einen rein politischen Abwehrkampf handelt. Um wirklich gesellschaftliche Umbrüche herbeizuführen und die Machtverhältnisse zu ändern, brauchen wir jedoch die Kämpfe in den Betrieben. Organisierte Arbeiter:innen (oder auch nur linke Gewerkschaftsgliederungen) waren in der Mobilisierung zur IAA nicht vertreten.
Wie es das Beispiel bei BOSCH zeigt, werden jedoch in Deutschland in den kommenden Jahren die Kämpfe rund um die Umstellung auf E-Mobilität, Stellenabbau und Auslagerung stark zunehmen. Es wird gesellschaftliche Umbrüche und Arbeitskämpfe geben, zu denen wir als revolutionäre Linke Bezüge aufbauen müssen. Die Gefahr, dass rechte Kräfte es schaffen diese Dynamik aufzugreifen ist hoch – auch wegen „neoliberale“ Scheinlösungen für die Klimakrise(CO2-Steuer, Dieselverbote…), die sich leicht von rechts skandalisieren lassen.
Eine linke Antwort darauf muss Perspektiven jenseits des Kapitalismus formulieren, der diese Konflikte entstehen lässt. Aber sie muss auch gemeinsam mit den Arbeitenden das Kämpfen für unmittelbare Klasseninteressen beinhalten – und dabei geht es heute vor allem darum, in der Auseinandersetzung zu lernen, die offensivsten Teile der Klasse zu unterstützen und offen als Revolutionär:innen aufzutreten.
Die Aktionen vor BOSCH waren eine symbolische Soli-Aktion, und haben im Rahmen der IAA-Proteste in die richtige Richtung gewiesen. Es muss aber darum gehen, Auseinandersetzungen wie diese, in denen das Kapital angreift und Widerstand notwendig ist, langfristig anzugehen. Dafür ist reine Eventpolitik nicht geeignet. Wir müssen Organisierungen vor Ort entwickeln und eine hohe Sensibilität für Kämpfe/Offensiven zeigen, die von den Arbeiter:innen selbst geführt werden. Die Klimabewegung kann ein wichtiger Verbündeter sein, sie kann jedoch die Kämpfe nicht für die Arbeiter:innen führen.
Wir brauchen sowohl die Kämpfe in den Betrieben als auch eine klassenkämpferische Klimabewegung mit einem klaren Verständnis für eine gesamtgesellschaftliche Perspektive um den Kapitalismus von verschiedenen Seiten anzugreifen, seine Brüche und Widersprüche zu vertiefen und ihn schlussendlich zu überwinden.
Die eigene Seite aufbauen!
Nachdem wir nun schon seit einiger Zeit auf verschiedenen Ebenen innerhalb der Klimabewegung aktiv sind, haben wir versucht mit diesem Text in einigen Punkten Einschätzungen zu äußern und Vorschläge zu machen, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. In der IAA-Vorbereitung ist der Austausch mit anderen Teilen der Klimabewegung viel zu kurz gekommen. Gemeinsame Diskussionen über Ziele, Ausdruck und inhaltliche Perspektiven im Kampf gegen die Klimakrise kamen leider kaum vor. Selbstkritisch sehen wir, dass auch von uns wenig Angebote dazu kamen. Wir würden nun gerne eine solche Strategiediskussion, vielleicht auch als Auswertung, vorschlagen. Wir wollen Fragen wie „Verhältnis zum Staat“, „Klassenfrage“, „Organisierungsformen“ nicht nur für uns alleine beantworten, sondern im Austausch mit anderen (radikalen) Bündnissen und Organisationen.
Als revolutionäre Kommunist:innen verstehen wir uns als Teil der Klimabewegung, wir brauchen aber sowohl organisatorisch, als auch in der Praxis eigene Strukturen. Es gibt inhaltliche Widersprüche zu anderen Teilen der Bewegung, die das erforderlich machen, ein gutes Verhältnis zueinander aber keinesfalls ausschließen. Trotzdem ist es uns wichtig, nicht nebeneinander her zu arbeiten, sondern die Bewegung gemeinsam weiterzuentwickeln. Es ist notwendig, dass wir unsere Erfahrungen gemeinsam auswerten, voneinander lernen, und aneinander stärker werden. Allein schon die Dringlichkeit der Klimakrise macht offensichtlich, wie wichtig das ist. Den klar ist, wie es ist kann es nicht bleiben:
Für den Kommunismus!