Zwei Jahre Hanau – Nicht auf diesen Staat vertrauen!

Am 19. Januar jährt sich der rassistische neunfache Mord von Hanau zum zweiten Mal. Die anfängliche Betroffenheit und Anteilnahme politischer Amtsträger:innen ist längst verhallt. Statt lückenloser Aufklärung der Tat und der Ermittlungen gibt es „Gefährderansprachen“ an Überlebende, Familie und Freund:innen, welche sich nach wie vor vehement für eine Aufklärung und politische Konsequenzen aus der Tat einsetzten. Wie üblich bei der staatlichen Aufarbeitung von rassistischen Gewalttaten kam es auch hier zu „Ermittlungspannen“ und dem Versuch den Anschlag mit der These des verwirrten Einzeltäters zu entpolitisieren. Aber Hanau war kein Einzelfall. Genauso wenig wie der NSU, Halle und die steigende Zahl faschistischer Übergriffe im gesamten Bundesgebiet.

Ein Überlebender des 19. Februar sagte auf einer Kundgebung in Bezug auf polizeiliche Versuche Druck auf die Gedenkinitiative auszuüben: „Und da frage ich mich: Wer schützt in diesem Land eigentlich wen?“ Wer ein ernsthaftes Interesse an wirkungsvollem und nachhaltigem Antifaschismus hat, muss sich genau diese Frage stellen.

Staatliche Strukturen von Polizei, Verfassungsschutz bis hin zum Militär wurden mit aufgebaut von NS-Funktionären und sind heute wieder durchzogen von rechten Netzwerken, die Waffen horten und sich auf den Tag X der rechten Machtübernahme vorbereiten. Das ist die Spitze des Eisbergs. Struktureller Rassismus ist in deutschen Behörden Alltag. Ob im Schulsystem, im Asylrecht, oder in der polizeilichen Kontrolle des öffentlichen Raums: Die Benachteiligung von Migrant:innen wird aktiv aufrecht erhalten und vorangetrieben.

Dieser Rassismus ist nicht von der Geschichte des Kapitalismus und den Interessen der Herrschenden zu trennen. Die Wurzeln staatlicher Schikanen und weit verbreiteten rassistischen Denkweisen, liegen in der Vergangenheit des Kolonialismus, der Versklavung, in imperialistischer Aggression und der rassistischen Überausbeutung. Kurz: In der Klassenherrschaft des Kapitals. Diese Wurzel zeigt sich auch heute noch daran, dass die prekären, unbeliebten und schlecht bezahlten Jobs mehrheitlich von Migrant:innen erledigt werden. Es liegt auch im aktuellen Interesse des Kapitals, Gruppen von Arbeiter:innen in besonderem Maße ausbeuten zu können, und dabei auf eine Ideologie zählen zu können, die Solidarität in der Klasse verhindert.

Dieser Staat hat kein grundsätzliches Problem mit den Konsequenzen rassistischer Strukturen und Stimmungen. Mordende Nazis werden zwar skandalisiert und zum Teil auch verfolgt, schließlich kann sich der Staat die völlige Aushöhlung seines Gewaltmonopol nicht leisten, und auch der Imageverlust eines zu offensichtlich „nazifreundlichen“ Deutschlands hätte weitreichende, auch ökonomische Konsequenzen. Spätestens aber wenn es an die Netzwerke und Strukturen hinter den „Einzelnen“ geht, hört es schnell aufmit Aufklärungsbemühungen und juristischen Konsequenzen. Zu groß sind die geheimdienstlichen Verstrickungen, zu offensichtlich das Desinteresse der Repressionsbehörden und nicht zuletzt auch zu gering der öffentliche Druck.

Vom Rassismus des Staats und der Nazis sind heute in erster Linie diejenigen betroffen, die als migrantisch definiert werden. Der Riss, der dadurch in die Arbeiter:innenklasse gezogen wird und die fortschrittsfeindliche, antikommunistische Ideologie, die damit verbunden ist, ist aber ein Angriff auf den Klassenkampf von unten als Ganzes. Uns und unsere Klasse wirkungsvoll, langfristig und konsequent gegen Übergriffe von Nazis und Faschist:innen zu schützen heißt: Wir brauchen antifaschistische Strukturen, deren Ziel es ist Rechte auf allen Ebenen konsequent anzugehen, ihre Netzwerke und Verbindungen aufzudecken und anzugreifen, wir brauchen einen Kampf gegen Rassismus, der Betroffene und Nicht-Betroffene im direkten Widerstand zusammenbringt. Es heißt auch: Den Kampf gegen diesen Staat, der die herrschenden Verhältnisse absichert, nicht auszusparen und eben den gemeinsamen Klassenkampf zu entwickeln, den die rassistische Ideologie sabotiert!

Um Rassismus seine Grundlage auf lange Sicht zu entziehen, führt kein Weg daran vorbei, mit den kapitalistischen Verhältnissen brechen. Ohne revolutionäre Perspektive bleibt der Kampf gegen Rassismus eine unendliche Anstrengung mit begrenzter Wirkung.

Ziehen wir Konsequenzen aus Hanau und den etlichen andern rechten Gewalttaten.

Nicht auf diesen Staat vertrauen. Antifaschistischen Selbstschutz organisieren – Revolutionäre Gegenmacht aufbauen!