Das Hintergrundvideo skizziert im ersten Teil die Geschichte der Rojava Revolution und beleuchtet die Rolle der Bundesregierung. Im zweiten Teil werden Ausschnitte von Protesten und Aktionen gegen den türkischen Angriffskrieg gezeigt.
Grußwort aus der Stadt Qamishlo in Rojava von einer Genossin der Roten Hilfe International mit dem Aufruf zur internationalen Solidarität gegen den Besatzungskrieg der Türkei in Rojava.
Folgend findet ihr einen Aufruf den wir gemeinsam mit weiteren Gruppen der politischen Platform Perspektive Kommunismus veröffentlicht haben
Die Revolution in Rojava verteidigen!
Am 9. Oktober hat Erdogan seine Drohungen wahr gemacht. Mit Luftangriffen auf die großen Städte Rojavas beginnt die sogenannte Operation „Friedensquelle“. Ein Name der falscher nicht sein könnte. Denn die türkischen Soldaten und ihre dschihadistischen Söldner, die sich nun PR-gerecht „Syrische Nationalarmee“ nennen, überfallen nicht nur eine der bisher sichersten Regionen Syriens – sie führen einen Krieg der kaum barbarischer sein könnte: In den ersten Tagen der Operation wurden gezielt zivile Ziele wie Wohngebiete, Krankenhäuser und Trinkwasserreservoirs bombardiert, Gefangene wurden hingerichtet und ein Konvoi mit JournalistInnen bombardiert. Türkisch-islamistische Söldner filmten sich dabei, wie sie eine syrische Politikerin aus ihrem Auto zerrten und ermordeten. In türkische Medien wurde dies als „erfolgreiche Operation“ gefeiert. Infolgedessen sind mittlerweile etwa 300.000 Menschen auf der Flucht.
Doch die Syrisch-Demokratischen-Kräfte SDF, angeführt von den kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ konnten die ersten Angriffe größtenteils zurückschlagen, an verschiedensten Fronten finden nun heftige Kämpfe statt.
Das Projekt Rojava – Ein Dorn im Auge der Reaktion
Rojava wird nicht zufällig angegriffen. Dem türkischen Staat geht es dabei wohl weniger um direkte ökonomische Interessen an diesem Teil Syriens – und natürlich schon gar nicht um die behaupteten „Sicherheitsinteressen“. Einerseits versucht das türkische Kapital schon seit einigen jahren, zur regionalen Großmacht zu werden und den Iran und Saudi-Arabien von dieser Rolle zu verdrängen. Anderseits ist der türkische Überfall auch eine Reaktion auf eine andauernde wirtschaftliche und innenpolitische Krise in der Türkei: Der nationalistische Kriegstaumel soll von den Folgen der Krise ablenken, die kemalistische Opposition um die CHP auf Linie bringen und den in den letzten Jahren stark gewachsenen Einfluss der kurdischen Bewegung zerschlagen.
Darüber hinaus ist Rojava ein zumindest in Ansätzen antikapitalistisches Projekt, das sich die letzten Jahre kontinuierlich aufgebaut hat und inzwischen ein Bezugspunkt für viele RevolutionärInnen auf der ganzen Welt ist. In Rojava wurde bewiesen, dass auch heute noch, trotz der scheinbaren Übermacht des weltumspannenden Kapitalismus, bewaffnete Revolutionen gelingen können. In Rojava wurde Gegenmacht sichtbar und spürbar. Es ist ein Gebiet mitten im stark umkämpften Nahen Osten entstanden, dass sich den kapitalistischen Interessen aller Länder weitgehend entzogen hat. Die zeitweiligen Bündnisse Rojavas mit den USA oder auch mit Russland waren stets rein taktisch und zur Durchsetzung unmittelbarer Ziele bestimmt. Langfristige Verbündete hat Rojava unter den kapitalistischen Nationen keine. Der unlösbare Widerspruch zwischen Rojava und diesen Nationen ist der zwischen einer Politik, die an radikal-demokratischen Prinzipien, an Ökologie und Frauenbefreiung ausgerichtet ist auf der einen Seite, und einer Politik nach den Interessen des Kapitals auf der anderen.
In diesem Kontext ist es nicht überraschend, dass kein einziger Staat Rojava gegen die Türkei zur Hilfe eilt. Der Abzug der US Truppen ist natürlich Verrat – denn die USA versprachen einen Einmarsch der Türkei zu verhindern, wenn die SDF ihre befestigten Stellungen in Grenznähe abbauen würden. Er ist aber auch logisch. Das taktische Ziel, das die USA gemeinsam mit den SDF verfolgt haben, die weitestgehende Zerschlagung des IS, wurde erreicht. Langfristig sieht die USA bei aller Kritik an manchen Auswüchsen von Erdogans Politik ihren Verbündeten im Nato-Partner Türkei. Alle Drohungen die türkische Wirtschaft zu „zerstören“ bleiben heiße Luft. Aber nicht nur die USA, auch Russland oder die europäischen Staaten, allen voran Deutschland, unterstützen die Invasion der Türkei.
Deutsche Waffen, deutsches Geld…
Der deutsche Innenminister Seehofer war nur zwei Wochen vor der Invasion in der Türkei und hat Erdogan mehrere Milliarden Euro für eine dritte Auflage des Flüchtlingsdeals in Aussicht gestellt – im Kontext der nur zwei Wochen später beginnenden Invasion Rojavas müsste man eigentlich von Kriegskrediten sprechen. Seit diesem Besuch meldet er sich zu dem Thema überhaupt nicht zu Wort. Und während die Verteidigungsministerin Annegret-Kramp-Karrenbauer die Türkei zu „Besonnenheit“ mahnt, setzte Deutschland auf EU-Ebene durch, dass es kein Waffenembargo gegen die Türkei geben soll: Außenminister Heiko Maas sorgte dafür, dass Deutschland weiterhin Waffen an die Kriegsverbrecher in der Türkei verscherbeln kann. Alle bisher bestellten Aufträge werden ausgeführt, lediglich bei künftigen Bestellungen sollen keine Waffen mehr geliefert werden, „die in Syrien eingesetzt werden können“. Eine Formulierung die alles erlaubt und der deutschen Rüstungsindustrie weiter ihre Profite garantiert.
Dass die deutsche Regierung aktuell formal die Invasion der Türkei kritisiert, hat mehr damit zu tun, dass sie es sich innenpolitisch nicht leisten kann die Invasion der Türkei gut zu heißen, als dass sie wirklich etwas dagegen unternehmen möchte.
Letzte Hoffnung Assad und Putin?
Was das neue militärische Bündnis der SDF mit dem syrischen Regime letztlich bedeuten wird, ist momentan noch unklar. Im Kampf gegen die zweitgrößte Nato-Armee und Dschihadisten, die erklärtermaßen einen Genozid an der Bevökerung in Rojava planen, ist es jedenfalls eine schlichte Notwendigkeit militärische Unterstützung anzunehmen. Politische Verbündete haben die Selbstverwaltungstrukturen in Nord-Ost Syrien damit allerdings nicht gewonnen: Der syrische Staat, ist ein natürlicher Gegner des revolutionären Prozesses in Rojava und Russland liefert nicht nur Waffen an die Türkei, sondern erlaubte 2018 Erdogan auch in Afrin einzufallen und es zu besetzen.
Kampf der KurdInnen? – Unser Kampf!
Der Kampf, der aktuell in Rojava geführt wird ist der Kampf von Revolution gegen Konterrevolution. Auf der Seite der Reaktion stehen die Türkei und hinter ihr mehr oder weniger offen alle imperialistischen Staaten. Auf der Seite Rojavas stehen wir, die RevolutionärInnen auf der ganzen Welt. Unsere Solidarität mit Rojava ist nicht rein moralisch oder humanitär bedingt. Wir sind nicht solidarisch, weil wir abstrakt gegen Kriege sind und die Menschen in Rojava uns Leid tun. Unsere Solidarität ist Teil des internationalen Klassenkampfes. Solidarität mit Rojava heißt hier in Deutschland Gegenmacht aufzubauen und uns und unsere Klasse zu stärken. Konkret heißt das: Als in Deutschland lebende RevolutionärInnen, müssen wir den internationalen Klassenkampf auf nationaler Ebene führen und die BRD als imperialistischen Staat angreifen. Gleichzeitig bedeutet internationaler Klassenkampf, dass es in unserem objektiven Interesse liegt Rojava zu unterstützen. Denn auch wenn wir den Klassenkampf zunächst national führen müssen, so kann der Kapitalismus letztendlich nur international geschlagen werden. Der Kampf in Rojava ist so auch ein Teil unseres Kampfes gegen den Kapitalismus.
Eine Niederlage Rojavas hätte enorme Folgen, nicht nur auf den Klassenkampf in Kurdistan oder der Türkei, sondern auch für uns in Deutschland. Mit Rojava würde vor allem ein wichtiger Bezugspunkt wegfallen. Große Teile der radikalen Linken in Deutschland haben in den letzten Jahren Rojava als Inspiration und teilweise auch als Projektionsfläche gefunden. Mit der Beschäftigung mit Rojava ist der Internationalismus in Deutschland wieder erstarkt. Eine Niederlage von Rojava würde auch für diese Bewegung einen herben Schlag bedeuten.
Dem Krieg kein ruhiges Hinterland!
International ist die Solidaritätsbewegung gegen den türkischen Angriffskrieg angerollt. Täglich finden Demonstrationen statt. Zurecht geraten auch die hiesigen Profiteure und politischen Unterstützer der Invasion in den Fokus. Hier muss die Solidaritätsarbeit anknüpfen: Rüstungsfirmen die den türkischen und islamistischen Besatzern die Waffen liefern sind bekannt; Konzerne, Banken und Insitutionen die in Bauprojekte der türkischen Regierung investieren oder dort Fabriken betreiben ebenfalls. Es gilt den politischen und ökonomischen Preis für die Unterstützung Erdogans in die Höhe zu treiben!
Verteidigen wir die Revolution in Rojava! Den deutschen Imperialismus angreifen!